Wie klingt das Haus am Horn als Gedicht? Kann (und darf) man im Bauhaus-Museum auch Badminton spielen oder sich entspannt ausruhen? Und wie erzählt man mit Knete und buntem Papier eine Liebesgeschichte? Gleich zu Beginn der Konferenz wurde es praktisch und konkret: "Ästhetisches Handeln und das eigene Gestalten sind besondere Zugänge zum Bauhaus und zu unserer gestalteten Lebenswirklichkeit", hieß es im Konferenzprogramm. Wie eine erkenntnisreiche Praxis jenseits der in den Museen traditionell verankerten wissenschaftlichen Forschungsmethoden aussehen kann, zeigten am ersten Konferenztag die Bauhaus Agent*innen in drei Workshops im Haus am Horn und im Weimarer Bauhaus-Museum gemeinsam mit Schüler*innen und Lehrer*innen, Gestalter*innen und anderen Vermittlungsspezialist*innen.
Die Ergebnisse aus dem Workshop bildeten am Folgetag den Auftakt des öffentlichen Konferenzteils, der die praktischen Erfahrungen aus der Projektarbeit durch einen internationalen Pecha-Kucha-Abend und Impulsvorträge mit dem aktuellen internationalen Museums- und Bildungsdiskurs verband. Rund 100 Gäste waren der Einladung zum Erfahrungsaustausch in der Weimarhalle gefolgt: Programmteilnehmer*innen und -macher*innen ebenso wie freie und institutionell verankerte Vermittlungsexperten von Institutionen wie dem White City Center Tel Aviv, dem Historischen Museum Frankfurt, dem ZKM Karlsruhe, dem Landesverband Museumspädagogik Ost, dem Goethe-Institut Athen, der Fondation Beyeler oder Asociatia 37 aus Bukarest.
Der Workshop "Experiencing Architecture", der gemeinsam von Friederike Holländer vom Berliner Bauhaus Agenten Programm mit zahlreichen Kunstvermittler*innen des Berliner Bauhaus-Archivs und des White City Center Tel Aviv entwickelt wurde, suchte in einer modernen Architekturikone – dem "Haus am Horn" – nach alternativen Zugängen zu Architektur und kulturellem Erbe. Sechs gemeinsam erarbeitete Vorschläge mit weiter verwendbaren Handlungsanleitungen präsentierte das Workshopteam zur Konferenz. "Fake Memories" stellt zum Beispiel die Frage, wie es wohl gewesen wäre, selbst Bewohner*innen des legendären Haus am Horn zu sein und regt dazu an, mit nachgestellten Szenen aus historischen Fotos die Illusion eigener Erinnerungen zu kreieren. Gruppenaktionen wie "Drawing with both Hands" oder "Drawing in Circles", bei denen verschiedene Akteur*innen in den einzelnen Räumen an einer Skizze weiterzeichnen, eröffnen ebenso wie die Idee, ein Gedicht für das Haus am Horn zu verfassen, neue Architekturerfahrungen.
Die Einbettung der vielen Praxisbeispiele und Impressionen in den aktuellen Wissenschaftsdiskurs übernahmen am dritten Konferenztag die drei Referent*innen der Impulsvorträge. Wirtschaftsinformatiker Dr. Thomas Voit ermutigte ganz im Sinne das Bauhauses zum spielenden Lernen und fragte in seiner Keynote: "Wie motivieren uns Spiele?" Stadtforscherin Katharina Böttger empfahl "Geteilte Expertise in der Museumsarbeit!" und verwies auf das Stadtlabor des Historischen Museums Frankfurt, das Bürgern Teilhabe ermöglicht. Turit Fröbe, die mit ihrer "Stadtdenkerei" und Publikationen wie den "Bausünden zum Abreißen" immer wieder neue, alltagstaugliche Zugänge zur Architekturvermittlung sucht, hielt zum Abschluss ein leidenschaftliches Plädoyer für eine Baukulturvermittlung jenseits des erhobenen und gelehrten Zeigefingers, die auf Alltagserfahrung und -wahrnehmung setzt.
"Im Zentrum der Jahreskonferenz stand die Praxis und ihr Ziel war der fachliche Austausch über professionelle, institutionelle und nationale Grenzen hinweg. Das Konzept ist super aufgegangen, es gab faszinierende Einblicke in Konzepte und Methoden, inspirierende Diskussionen und bei allen vorgestellten Projekte Transfermöglichkeiten in ganz andere als die Ursprungskontexte. Mit dieser Bauhaus Agenten Jahreskonferenz haben wir inhaltlich wie methodisch einen wichtigen Impuls geben können für den Diskurs um neue Wege der Vermittlung und Museumsgestaltung.", resümierte Programmkoordinatorin Silke Feldhoff zum Abschluss der drei Konferenztage. Wir freuen uns auf die Fortsetzung in 2020. Die Abschlusskonferenz des Bauhaus Agenten Programms findet vom 17. bis 19. Juni 2020 im Bauhaus Museum Dessau statt.
(FE)